Freitag, 4. Juli 2014

Tag 140: Alexandropoulis - Keşan, 91 km

Ich beginne mal mit einem Nachtrag zu gestern Abend: Alexandroupolis ist eine Studentenstadt und nachts studieren die Studenten nicht sondern feiern. Anders sind die vielen jungen Menschen in den Cafés um Mitternacht nicht zu erklären. Übrigens bei 27 Grad Celsius bei einem angenehm kühlenden Wind.

Genau dieser Wind hat mir heute etwas zu schaffen gemacht, er blies nämlich immer noch feste aus Richtung Nordost. Das machte dann auch den ersten, sehr flachen und gut asphaltierten Abschnitt etwas anstrengend. Nach etwa 20 Kilometern bin ich rechts ins Evros-Delta abgebogen. Vögel konnte ich hier allerdings kaum beobachten, dafür waren die Blumen am Wegesrand anders als sonst. Ich freue mich schon auf die Kommentare, was das für eine Blume ist!




Auf diesen Sandwegen ging es bis zur Grenze zur Türkei. Im Vorhinein hatte ich ja etwas Angst, dass ich hier mit dem Fahrrad nicht rüberkomme, da die Zufahrt auf der griechischen Seite eine Autobahn ist. Wenn man Google Maps aber auf den höchsten Zoomlevel einstellt, dann erkennt man, dass die letzten 100 Meter vor der Grenzstation nur eine Nationalstraße sind. Und tatsächlich, man konnte problemlos mit dem Fahrrad über die Grenze. Der Europa-Radtour-Track war hier mal wieder besonders hilfreich.


Die Leute hier begrüßen mich alle freundlich und sogar die Grenzsoldaten lächelten und machten ein Zeichen mit dem Daumen nach oben. Richtig toll wurde es, als ich von der Hauptstraße in das erste Dorf abbog. Ich hatte das Gefühl, dass hier noch nie ein Radwanderer vorbeigekommen oder gar angehalten hat. Die Kinder winkten und liefen aufgeregt hinterher, ähnlich wie ich es in Albanien nach Schulschluss erlebt hatte. Häufig haben sie einen Brocken Englisch einstudiert und so entwickeln sich Dialoge wie:
"What is your name?"
"My name is Jan. And what is your name?"
Schüchternes Kichern.
Etwas Nachdenken und dann "My name is Aydan."
"Hello Aydan!" und Händeschütteln.
Großes Gelächter bei der Gruppe der Kinder und ein Freuen darüber, dass es klappt. Das wird dann mit jedem Kind wiederholt und das Gelächter ist jedesmal groß!

Ich wollte etwas essen und habe am nächsten Café angehalten. Dort gab es aber nichts und man schickte mich weiter. Aber vorher wurde mir noch ein Tee ausgegeben und ich musste mit Händen und Füßen und meiner Visitenkarte erzählen, wo ich herkomme.

Das Restaurant war auch neu für mich. Es war eher eine Art Kantine oder Garküche und es gab zwei Gerichte. Man zeigt auf den Topf und bekommt dann einen Teller, einen zweiten Teller mit Reis dazu und Brot. Ich hatte mich für den Hühnchen-Kartoffel-Eintopf entschieden.

Als ich dann auf der Straße weiterfahren wollte, redeten alle auf mich ein, dass das nicht der Weg nach Keşan sei, ich müsse zurück auf die Hauptstraße. Ich musste erst mein GPS-Gerät mit der Route vorzeigen, bevor ich die Zustimmung zur Weiterfahrt bekam. Die waren echt besorgt um mich!

Am Ortsausgang wartete ein Junge mit seinem Motorroller auf mich und begleitete mich ein Stück. Er bekam dann eine Visitenkarte und fuhr zurück. Fünf Minuten später war er wieder da und hatte den Jungen aus dem Dorf mitgebracht, der außer "What is your name?" noch "Where do you come from?" beherrschte. Wahrscheinlich der Klassenbeste in Englisch! Für eine Unterhaltung reichte es nicht, aber ein Foto mit mir haben sie mit ihren Smartphones gemacht, wahrscheinlich eine echte Trophäe.


Weiter ging es jetzt auf hügeligen Sandwegen bis nach Keşan. Die Wege ließen sich aber durchweg gut fahren. Mit dem Wind wurde es aber etwas staubig und immer, wenn ein Auto entgegenkam, habe ich kurz die Luft angehalten und die Augen geschlossen, um der Staubwolke zu entgehen.


In Keşan habe ich mir eine türkiche SIM-Karte gekauft. Das Registrieren dauerte fast eine Stunde, aber jetzt habe ich 2 GByte und einige Freiminuten für Gespräche nach Deutschland. Die Stadt Keşan gefällt mir nicht besonders, irgendwie hat sie kein Flair. Ich wohne nahe am Zentrum mit vielen Einkaufsstraßen in der Nähe. Auch die sind komisch: Es ist ungefähr so, als ob in der Mönckebergstraße in Hamburg neben einem Schmuckgeschäft auch ein Reifenhandel wäre.


Serdar, der junge Türke, den ich in Drama getroffen habe, hat sich per E-Mail gemeldet. Er hat mir seine Telefonnummer geschickt, damit ich im Notfall jemanden mit Türkischkenntnissen anrufen kann. Und er hat eine nette Fotomontage aus einem Bild von mir und der Visitenkarte erstellt. Danke sehr!


Technische Anmerkungen:
Während der zweiten Halbzeit des Deutschlandspiels ist das Fernsehprogramm ausgefallen. Inzwischen finde ich aber innerhalb von 3 Minuten das Livestream-Angebot des nationalen Senders und kann dann über das Internet weitergucken.

2 Kommentare:

  1. Hallo Jan
    die Blumen sehen aus wie Stockrosen.
    Schön das du bis jetzt alles gut überstanden hast
    wir verfolgen deinen Blog fast jeden Tag.
    Burghard und Angelika

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  2. Hallo Burghard und Angelika,

    ich habe mir das eben mal bei Wikipedia angesehen: Stockrosen könnten gut passen.

    Liebe Grüße aus Tekirdağ

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